Stehen Operational Excellence und Lean Manufacturing in einer ähnlichen Endphase?
Ersetzen Sie alle Manager, die sagen, dass es besser nicht geht.
Für diejenigen, die keine Baseball-Fans sind: Moneyball ist der Name eines statistischen Sabermetrics-Ansatzes zur Evaluierung der Spielerleistung und -vergütung im Vergleich zu klassischen, subjektiveren Scouting-Methoden. Oakland Athletics hatte eine bescheidene Mitgliederliste und bot mitunter die niedrigste Vergütung in diesem Sport. Der Verein konnte nach Anwendung dieser Strategie im Jahr 2002 aber 20 Spiele hintereinander für sich entscheiden (was damals ein Rekord war) und schaffte es in die Playoffs. Die Geschichte des Vereins wurde 2003 in einem Buch veröffentlicht und erschien 2011 auch als Film mit dem gleichen Namen.
Die A’s und ihre unmittelbaren Nachfolger waren eine Zeit lang erfolgreich, weil Teams mit bedeutend höheren Vergütungen weiterhin wie immer vorgingen. Diese Teams tendierten dazu, mehrjährige Verträge mit bewährten, aber älteren und teureren Free Agents zu unterschreiben, die sich im Endeffekt als schlechte langfristige Investition erwiesen. In einem kürzlichen Interview in der Washington Post sagte Billy Beane, der Geschäftsführer von Oakland zwischen 1997 und 2015, dass diese Zeiten jetzt vorbei sind.
„Die großen Teams werden jetzt sehr klug geführt“, so Beane. „Es gibt sehr schlaue Leute, die über Kapital verfügen. Es gibt keine Schwachstellen. Es sind clevere Leute, die von cleveren Leuten umgeben sind. Die Branche ist jetzt sehr intelligent.“
Die Klügsten im Raum sind von Natur aus neugierig
Manche haben gesagt, dass Operational Excellence und Lean Manufacturing in einer ähnlichen Endphase stehen. Sie sind der Meinung, dass die mit Lean-Tools und -Managementpraktiken erreichbaren Wettbewerbsvorteile ausgeschöpft wurden, dass Produktionsunternehmen jetzt auf sehr intelligente Weise geführt werden und dass es an der Zeit ist, sich auf andere Prioritäten zu konzentrieren. Ich hoffe, dass Sie das nicht glauben. Denn es entspricht bei weitem nicht der Wahrheit.
Das ist zum Teil der Tatsache geschuldet, dass ein Kulturwandel nicht über Nacht passiert bzw. nicht einmal über mehrere Jahrzehnte. Viele Unternehmen gehen immer noch nach der alten Methode vor und in vielen Fällen hat sich das Managementverhalten kaum verändert. Was in der Moneyball-Geschichte oft übersehen wird, ist die zentrale Rolle der Neugier, einer der zentralen Werte von Lean-Leitern. Größtenteils durch die Bedingungen dazu gedrängt (geizige Eigentümerschaft und Verlust von wichtigen Beitragsleistenden der vorherigen Saison als Free Agents) war Billy Beane offen für andere Ansätze und neugierig genug, trotz der Pessimisten daran festzuhalten.
Die Geschichte von Lean Manufacturing ist ähnlich: Es geht auch darum, mit weniger mehr erreichen zu müssen. Nach dem zweiten Weltkrieg waren Hersteller in Japan dazu gezwungen, sich weniger ressourcenintensiven Ansätzen zuzuwenden, um Produkte zu fertigen und auf den Markt zu bringen. Jahrzehnte später kam es zur Zunahme des globalen Handels und Hersteller in den USA und Europa führten ihre Unternehmen auf dieselbe Weise weiter wie zuvor. Währenddessen nutzten japanische Hersteller – insbesondere in der Automobilindustrie – die weniger verschwenderischen Produktions- und Managementmethoden, die sie unter Krisenbedingungen entwickelt hatten, um ihre Marktanteile auf der ganzen Welt beständig zu vergrößern.
Der heute durch die Globalisierung verursachte und anhaltende Wettbewerbsdruck hat Hersteller in jeder Branche dazu gezwungen, die Qualität zu verbessern und die Zeit zwischen Bestellung und Erhalt der Ware sowie die Vorlaufzeiten für die Produktentwicklung zu verkürzen. Es ist wohl eher so, dass Lean-Managementpraktiken angesichts des globalen Marktdrucks und der schnellen Veränderungen heute noch dringender benötigt werden. Das ist de facto der größte Unterschied zwischen dem Profibaseball und der Geschäftswelt.
Vom Ersten zum Schlechtesten
In jedem Unternehmen gibt es Bereiche mit Verbesserungspotenzial. Es gibt keine Parität an der Spitze. Mitbewerber ziehen bei Preisvorteilen gleich oder unterbieten sie und lange gehaltene Marktpositionen werden durch eine neue Innovation plötzlich ausradiert. Für Marktverlierer gibt es in der Geschäftswelt keinen Anreiz – wie höhere Draft Picks für die Baseballteams mit den schlechtesten Ergebnissen – dafür, nicht das beste und intelligenteste Team aufzustellen und zu versuchen, jeden Tag erfolgreich zu sein.
Ebenso gibt es in der Geschäftswelt keine universelle Kennzahl wie die On-Base Percentage oder Slugging Percentage zum Bewerten der Leistung. Personen und Kompetenzniveaus lassen sich nur schwer vergleichen, weil die Bedingungen sich von Jahr zu Jahr und zwischen Unternehmen deutlich ändern können. Es gibt aber zahlreiche andere Kennzahlen, mit denen Einblicke in die Leistung von Herstellern gewonnen werden können – und die auch erkennen lassen, wie groß das Verbesserungspotenzial ist.
Ich erinnere mich beispielsweise an eine erstaunlich hitzige Diskussion mit dem CI-Manager eines milliardenschweren Unternehmens an einem Fertigungsstandort. Das Wechseln der Gussform für die Kunststoff-Spritzgießmaschinen dauerte dort rund 30 Minuten und er war der Meinung, dass das großartig sei. Wir haben Kunden geholfen, die Wechselzeiten bei ähnlichen Maschinen um 75 % zu reduzieren – auf nur 10 oder 15 Minuten – und das habe ich ihm gesagt. Er war der Meinung, dass eine weitere Verkürzung unmöglich sei und lehnte es ab, die Möglichkeit oder Vorteile zu erwägen. Aufgrund ihrer immerwährenden Neugier im Hinblick auf ungenutztes Verbesserungspotenzial machen effektive Lean-Leiter es sich zur Gewohnheit, übermäßiges Vertrauen zu hinterfragen.
Die Sicherheit ist ein weiteres Beispiel. Viele Werksleiter und aufsichtsführende Personen vergleichen ihre Werke mit dem Branchendurchschnitt. Vielleicht ist das auch in Ihrem Unternehmen üblich. In manchen Branchen, in denen das Sicherheitsniveau nach wie vor erschreckend ist, ist das aber ein entsetzlicher Maßstab. Die Unternehmen, die in puncto Sicherheit am besten abschneiden – und außerdem meist auch bei Effizienz und Kosten die besten Ergebnisse erzielen – erachten jeden Unfall als inakzeptabel und eskalieren ihn an die höchstmöglichen Stellen der Organisation.
Kein Platz für Selbstzufriedenheit
Mein letzter Punkt ist, dass jedes Fertigungsunternehmen oder Werk – oder Baseballteam – trotz globalem Marktdruck selbstzufrieden werden kann, insbesondere nach vorangehenden Erfolgen. Unabhängig von den vorliegenden Beschränkungen kann immer etwas verbessert werden. Das Lean-Prinzip bietet eine Methodologie und Managementdenkweise, die nach wie vor äußerst relevant sind. Fertigungsleiter müssen diese Tools weiter nutzen und immer neugierig sein, wie viel besser ihr Betrieb sein könnte.